Am Karfreitag zeigte RTL die Verfilmung von Fitzeks Bestseller Das Joshua Profil. Bereits im Vorfeld kündigte Fitzek selbst an, dass bei der Verfilmung die Romanvorlage nicht 1:1 befolgt wurde und man aus Gründen der begrenzten Spielzeit, des Jugendschutzes und andere Gründe abgeändert. Fitzek selbst spricht von einem eigenständigen Werk, das erschaffen wurde. Bereits bei dieser Erklärung fällt mir aber ein großer Widerspruch auf. Während mit Verweis auf die begrenzte Spielzeit er darauf hinweist, dass einiges weggelassen werden muss, blieb dennoch Zeit für neue Szenen, die hinzugefügt wurden. Ob das gut gehen konnte, hat mich neugierig gemacht.

Achtung: Im weiteren Verlauf tauchen Spoiler sowohl zum Buch, als auch zur Verfilmung auf. Wer dies nicht möchte, sollte nicht weiterlesen!

Das Buch bietet eine Vielzahl an spannenden Themen, die das Gesamtwerk so gut machen. Neben dem Aspekt des predictive policing, wird auch Pädophilie und die Vergangenheit des Protagonisten Max Rhode miteinander verwoben. Der Film versucht, diese drei Dinge ebenfalls unterzubringen. Der Ansatz ist durchaus lobenswert, aber im Lauf des Films zeigt sich, dass für eine gute und glaubwürdige Darstellung dieser drei Aspekte die Zeit nicht reicht.

Im Vordergrund steht ganz das predictive policing, also Verbrechensaufklärung, bevor ein Verbrechen überhaupt verübt wird. Gerade im Hinblick auf den Datenschutzskandal bei Facebook eigentlich ein aktuelles Thema. Leider gelingt die Umsetzung im Film nicht glaubwürdig. So ist es unglaubwürdig, dass man als Unberechtigte allein mit einem Ausweis ohne Bild zum Abgleich in die Zentrale eines Unternehmens gelangen kann, die gerade dabei sind ihr Produkt dem Innenminister zu verkaufen. Auch sonst fällt Niemandem auf, dass eine Fremde durch die Büros läuft, sie ohne zu zögern die Toiletten findet und dann mittels Babyphone die vertraulichen Verhandlungen abhören kann. Zudem gelingt es der Firma immer wieder im „richtigen Moment“ den Kontakt via Drohne oder anderen Hilfsmitteln zu Max Rhode zu verlieren nur um dann wieder anhand des Autodaches sofort zu wissen, da ist er ja! Dagegen schütz über den gesamten Film ein einfacher Hoodie vor dem auffinden.

Die Vergangenheit von Max Rhode wird durch immer wieder einsetzende Erinnerungsfetzen in die Handlung integriert. Dabei erstrecken sich diese nicht nur auf Max, sondern auch auf seinen Bruder. Dabei bleiben dem Zuschauer der Zusammenhang und der Zweck dieser Einblendungen verborgen und die Umsetzung ist oft unlogisch. Cosmo sticht mit einem Messer auf seinen Vater ein, ohne dass danach Blut am Messer klebt. Solche Logikfehler ziehen sich leider durch den gesamten Film.

Der Erzählstrang um die Pädophilie wird wohl am meisten abgeändert in der Verfilmung und damit wird ein großer Teil der Faszination des Buches weggenommen. Nicht nur wird der eigentliche Täter abgeändert, sondern auch das, was Fitzek in seinem Nachwort noch so treffend beschreibt, dadurch komplett wegfällt: Dies Faszination einen Pädophilen zu mögen, wegen seiner Handlungen im Buch. Der Schluss ist durch den veränderten Täter langweilig und 0815 anstatt nochmals zu überraschen und ein letztes Mal für einen Spannungsschub zu sorgen.

Daneben gibt es noch eine Reihe weitere nicht logisch erklärten Dinge. Die Frau, die Max mit ihrem Auto zusammen entführt ist innerhalb weniger Minuten voll auf seiner Seite und hilft ihm sofort, ohne weiter zu zögern. Selbst vor Verbrechen wie Betäubung, Entführung und Eindringen bei dem großen Gegner schreckt sie nicht zurück.

Die polizeiliche Ermittlung gegen Max wirkt sehr dilettantisch und der Kommissar kehrt solange an immer den gleichen Ort zurück, bis ihm endlich selbst das auffällt, wozu er bereits direkt am Anfang von Maxs Anwalt aufgefordert wurde. Aus heiterem Himmel sieht er bei seinem gefühlt hundertsten Besuch auf der Terrasse Kratzspuren, die einen Einbruch nahelegen.

Max wird per Telefon gewarnt, seine Tochter wäre in großer Gefahr. Anstatt bei ihr zu bleiben und sie zu beschützen, fährt er mitten in der Nacht weg, um sich mit diesem Anrufer zu treffen. Genau das erwartet man ja auch von einem Vater, der Angst um seine Tochter hat.

Der Freund und Anwalt von Max überzeugte mich noch am ehesten. Seine Rolle war gut, wenn sie auch nichts Besonderes war. Allerdings was mich wirklich gestört war, dass ihm der Zustand von Max ziemlich egal war und es viel wichtiger war, wie viele Bücher jetzt verkauft worden sind.

Bereits im Vorfeld hat Fitzel angedeutet, dass es eine Szene gäbe, in der er als Buchhändler auftritt. Für Fans von Fitzek war dies sicherlich toll, aber seit Stan Lee ist das auch nichts Neues mehr. Für mich verdeutlicht diese Szene aber, dass man es nicht verstanden hat, was ein gutes Buch ausmacht, nämlich die einfache Regel „Show, don´t tell“. Die einzige nützliche Information, die man aus dieser Szene erhält ist, dass der Autor Max Rhode relativ erfolglos ist. Dies hätte man aber viel eleganter zeigen können, indem er, wie im Buch, einen alten Käfer und nicht einen nagelneuen VW fährt. Mit solchen Dingen hat man zuviel Spielzeit vergeudet, die man wahrlich gebraucht hätte um zu überzeugen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass RTL einen 0815 Thriller gezeigt hat mit einer Reihe von logischen Löchern. Spannung kam nur mäßig auf und die Szenen wirkten teilweise lieblos aneinandergereiht,  ohne einen roten Faden zu verfolgen. Ich halte es, bei solch gravierenden Abweichungen zum Buch, für Bauernfängerei damit zu werben, dass es nach dem Vorbild eines Bestsellers von Fitzek sei. Wenn ich damit werbe, dann muss ich mich auch an der Vorlage messen lassen. Um ein so komplexes Buch zu verfilmen, bedarf es entweder die Fokussierung auf einen Aspekt des Buches oder aber mehr zeit und Raum.

Auch scheint RTL nicht viel Erfolg dabei vergönnt gewesen zu sein, so schnitt der Film beim Zuschauerinteresse deutlich schlechter ab als die Krimis, die das ZDF zeigte. Das Joshua Profil konnte nur 7,1% Marktanteil und damit 2,24 Mio. Zuschauer erreichen.

Abschließen möchte ich mit Worten, die der Film einem in den Mund legt. Thriller von Fitzek verkaufen sich hervorragend in Deutschland. Verfilmungen von diesen sind in Deutschland dagegen schwer zu realisieren. Zumindest für das gewählte Format von RTL war dies mindestens eine Nummer zu groß.

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