Die Gema als Schutzgemeinschaft für Musik kennt wohl so ziemlich jeder. Doch auch für Autoren, Blogger, etc. gibt es so eine Institution, die Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort). Diese kümmert sich um die Zweitverwertung der Urheberrechte, d.h. Bibliotheken, Copy-Shops, Hersteller elektronische Geräte, die für private Kopien genutzt werden können, etc. müssen eine Pauschale entrichten, die dann per Verteilungsschlüssel auf die Urheber verteilt wird.

Zunächst möchte ich ein Beispiel anbringen, die zeigt, wie absurd die Situation der Verteilung  bei der VG Wort bisher war: Gebrauchtwagenbesitzer schließen sich zusammen und verkaufen ihre Autos über einen dafür gegründeten Verein. Die Einnahmen sollen gerecht unter den Verkäufern verteilt werden. Nun greift aber die Automobilindustrie ein und erhebt Anspruch auf die Hälfte der Verkaufserlöse mit der Begründung, dass die Verkäufer ohne die Hersteller der Autos ja überhaupt nichts zu verkaufen hätten. Finde ich das gerecht? Nein! Wäre das in Deutschland durchsetzbar? Nein! Doch so ähnlich läuft es bei der VG Wort ab.

Seit Gründung der VG Wort 1958 war es gängige Praxis, dass die Verlage etwa die Hälfte der auszuschüttenden Beträge erhalten haben. Die Verlage und die VG Wort begründeten dieses Vorgehen mit der Tatsache, dass die Autoren ja nur Ausschüttungen von der VG Wort erhalten könnten, da ihre Werke nur aufgrund der Leistung der Verlage veröffentlicht worden sind und nur deshalb überhaupt Ausschüttungen durch die VG Wort erfolgen können. Gegen diese Praxis hat der Autor Martin Vogel geklagt. Der Prozess lief durch mehrere Instanzen bis zum BGH. Am 21. April hat der BGH nun sein Urteil gefällt und dem Kläger größtenteils Recht gegeben. Allein an die Urheber darf die VG Wort Ausschüttungen tätigen. Laut Urhebergesetzt sind dies meistens ausschließlich die Autoren und nicht die Verlage. In meinen Augen ist dies ein sehr gutes und wichtiges Urteil zur Stärkung des Urheberrechts und der Autoren. Das Urteil mag zwar eine jahrelang gängige Praxis verbieten, überraschend dürfte es nach einem Urteil des EuGH im vergangenen November bei einem ähnlichen Fall aus Belgien nicht gekommen sein.

Umso mehr bin ich überrascht und auch etwas schockiert, wie vielerorts in Medien und Politik reagiert wird. Die Medien zeichnen ein Bild des Niedergangs der deutschen Literaturkultur und den Untergang zahlreicher Verlage, die ohne die rechtswidrigen Zuwendungen nicht überlebensfähig seien. Mir ist klar, niemand verzichtet freiwillig auf Geld und es wäre verrückt zu erwarten, dass die Verleger in Jubel ob dieses Urteils fallen. Sie reagieren aber mit großer Ablehnung und Anfeindungen gegen Herrn Vogel und setzten alles daran sich bei der Politik gehör zu verschaffe um die alte und bisher rechtswidrige Praxis wieder herzustellen.

Da kommt es nicht überraschend, dass der Bundestag sich positioniert hat mit dem Ziel eine Möglichkeit zur gemeinsamen Rechtswahrnehmung  für Verlage und Urheber zu schaffen und somit den Verlegeranteil wieder einzuführen. Erschreckenderweise wird mit keinem Wort auf die Interessen der Autoren eingegangen. Hier zeigt sich mal wieder, wer am längeren Hebel sitzt, nämlich die finanzstarken Verlage!

Anders ausgedrückt: Die Gebühren für die Möglichkeit private Kopien von urheberrechtlich geschützten Texten anzufertigen gehört alleine den Urhebern, also den Autoren. Die Gewinne der Verlage gehören ja auch nur den Verlagen. Die Autoren kämen nicht im Traum darauf von diesen Gewinnen 50 % einzufordern mit der Begründung, wenn wir nichts schreiben würden, könntet ihr diese Gewinne gar nicht erwirtschaften. Der Verlag ist ein Dienstleister. Er zahlt dem Autor ein Honorar für die Überlassung des Nutzungsrechtes. Dabei übernimmt er das volle wirtschaftliche Risiko, behält aber auch den Gewinn für sich. Für Autoren ist dagegen auf Grund der oft geringen Honorare die Ausschüttung der VG Wort eine wichtige Einnahmequelle.

Im Gegensatz zu vielen kritischen Medienstimmen, sehe ich durch das Urteil eine Stärkung der deutschen Literaturvielfalt. Denn durch die höheren Ausschüttungen der VG Wort an Autoren, fällt es jenen leichter vom Schreiben zu leben und somit ist es attraktiver für Nachwuchsautoren den Schritt zu wagen. Selbst Bestsellerautoren müssen oft eine Vielzahl an Büchern veröffentlichen um davon leben zu können. Im Schnitt erhalten die Autoren maximal etwa 10 % des Verkaufspreises eines  Buches als Honorar. Den Rest teilen sich Buchhandel und Verlage auf. Zudem ist es heute keineswegs mehr so, dass der klassische Verlag notwendig ist um ein  Buch zu veröffentlichen. Es haben sich mehrere andere Möglichkeiten aufgetan, wie das Self-Publishing oder es sind neue Akteure auf den Markt getreten wie Amazon.

Zuletzt noch ein Appell an alle Autoren. Wenn wir unser Recht haben wollen, müssen wir alle zusammen stehen, Aufmerksamkeit schaffen. Nur zusammen ist es möglich gegen die Lobbyarbeit der Verlage anzukommen. Wir können alle unseren kleinen Beitrag dazu leisten, durch Blogartikel, Facebookeinträge oder einen Brief an den eigenen Bundestagsabgeordneten. Es ist die falsche Stelle um vor Verlagen, Medien und Politik den Kopf einzuziehen und sich dem Schicksal zu ergeben! Das wäre nämlich ein fatales Signal für die deutsche Literaturkultur.