Perfektionismus ist ein heikles Thema, gerade auch als Autor. Um es vorweg zu nehmen, ich habe eine perfektionistische Ader. Ich versuche häufig solange an etwas zu arbeiten, bis es perfekt ist, wenn mir das zeitlich nicht möglich ist, gilt es möglichst alle Fehler zu vermeiden oder aber die Aufgabe gedanklich nicht zu beenden. Bevor ich nun aber diesen Artikel noch einmal ein paar Wochen liegen lasse, müsst ihr euch nun mit diesem (wahrscheinlich) nicht perfektem Werk begnügen…

Zu Beginn möchte ich kurz einige Merkmale eines Perfektionisten aufzählen. Zu diesen zählen eine gute und straffe Organisation, hohe Ansprüche (Qualität, Moral, …) an sich selbst, Fehlersensibilität, Selbstzweifel und Unsicherheit. Gegenüber anderen Menschen erkennt man Perfektionismus dadurch, dass er viel kritisiert und meist wenig lobt. Ich könnte es mir hier einfach machen und sagen als Schwabe ist das höchste Lob „passt scho“ oder als Lehrerkind ist man es gewohnt zu kritisieren, aber das ist nicht die ganze Wahrheit.

Als Schriftsteller steht man bei einer Veröffentlichung ganz besonders im Fokus der Öffentlichkeit und somit ist es für Perfektionisten noch wichtiger keinen Fehler gemacht zu haben, der im schlimmsten (bzw. für einen Autoren auch besten) Fall von einem Millionenpublikum gelesen wird. Deshalb ist es wichtig zu wissen, wie dieses Streben nach Perfektion das eigene Arbeiten beeinflusst und wie man es überwinden kann.

Perfektion bei Autoren beginnt schon vor dem eigentlichen Schreiben. Vielleicht hat man Zweifel, überhaupt gut genug Schreiben zu können und lässt es so von vornherein sein. Doch selbst wenn man sich entschieden hat etwas zu schreiben, heißt das noch lange nicht, dass man sofort damit beginnt. Zunächst bedarf es ja einer guten Planung. So wird geplottet bis zum Abwinken, Charaktere am Reisbrett entworfen und bei Fantasyautoren besonders beliebt, Worldbuilding bis in den letzten Winkel der Welt betrieben. Genauso kann auch Recherche ausarten, bis man jedes kleinste Detail weiß. Wie man merkt, dürften eher Outline von Perfektionismus betroffen sein, da sie a zunächst das Buch planen.

Hat man es dann geschafft endlich mit dem eigentlichen Schreiben zu beginnen, so kann es durchaus vorkommen, dass man eine halbe Seite schreibt, sich Gedanken darüber macht, sie löscht und von vorne beginnt. Dies kann gerne auch mehrmals passieren und sich längere Zeit hinziehen.

Ist man endlich angekommen und hat das Buch komplett geschrieben, heißt das aber nicht, dass man fertig ist. Man kann stundenlang an kleinsten Details feilen und das Buch überarbeiten und es nie bis zur Veröffentlichung schaffen.

Bis zu einem gewissen Grad, kann Perfektionismus sehr nützlich sein. Da es sich aber um ein zweischneidiges Schwert handelt, kann er auch sehr hinderlich sein und einen Autor lähmen. Was also kann helfen, diese Schwelle nicht zu übertreten und es nicht zu übertreiben mit Perfektionismus?

Eine Methode kann sein, sich selbst quantitative Ziele zu setzten und zwar für möglichst kleine Etappen auf der Reise: „In einer Woche, möchte ich mit Kapitel 1 fertig sein.“ Jetzt hat man ein festes Ziel vor Augen, auf das man hinarbeitet. Dabei kann man zum Beispiel einen eigenen Vertrag mit sich selbst schließen, praktisch zwischen Autor und Privatperson. Wenn ich mein Ziel erreiche, gönne ich mir etwas, z.B. ein gutes Essen, Schokolade,… . Wenn ich mein Ziel aber deutlich verfehle, „bestrafe“ ich mich dafür, indem ich vielleicht etwas Geld in ein Sparschwein werfe. Wichtig ist dabei aber, sich nicht verrückt zu machen um jede Deadline zu schaffen, sondern sie eher als Richtwerte, denn unverrückbare Termine zu sehen. Hier muss jeder seine eigene goldene Mitte finden.

Ein weitere Ansatz ist das Pareto-Optimum, eine Theorie aus den Wirtschaftswissenschaften. Diese sagt aus, man braucht etwa 20% Leistung um 80% Erfüllung zu schaffen. Für die restlichen 20% Erfüllung, benötigt man also 80% Leistung. Meist reichen 80% Leistung aber aus um gute Arbeit zu erledigen. Ich kann mir, anders ausgedrückt, überlegen möchte ich ein „perfektes Buch“ schreiben oder in der gleichen Zeit lieber 5 „nahezu perfekte Bücher“. Wenn man sich das klar macht, auch wenn die Prozentzahlen nicht 100-prozentig zutreffend sind, fällt es einem wirtschaftlich denkendem Menschen leicht sich für die fünf Bücher zu entscheiden.

Sehr helfen kann auch, wenn man sich von einem Freund Feedback geben lässt. Perfektionisten sind häufig ihre härtesten Kritiker und mann lobt sich nie selbst, sondern versucht es immer noch besser zu machen und sieht nicht, auch weil man sehr tief drin steckt in seinem Werk, was man schon alles gut macht. Manche „Fehler“ fallen nur dem Autor auf, und der Leser stört sich daran gar nicht. Deshalb ist es gut jemanden zu haben, der einem ein ehrliches Feedback gibt.

Mir persönlich hilft es auch, dass ganze nicht zu ernst zu nehmen. Ich bin nicht darauf angewiesen mit meinen Büchern meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Ich mache ein Studium und werde danach eine gute Arbeit finden. Für mich ist Schreiben ein Hobby und ich genieße es und entspanne dabei unheimlich. Wenn ich irgendwann mal von meinen Büchern schön essen gehen kann oder einen Urlaub machen kann, ist das nur ein toller Nebeneffekt.

Zuletzt noch ein letzter Tipp. Einfach anfangen! Ein weißes Blatt Papier ist auch kein perfektes Buch! Im “schlimmsten” Fall bleibt also etwas nicht Perfektes nicht perfekt. 😉

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